EU/Competition – Legal News
Bundeskabinett beschließt 11. GWB-Novelle
Am 5. April 2023 hat das Bundeskabinett dem Regierungsentwurf für eine 11. GWB-Novelle (Link), dem Entwurf des sog. Wettbewerbsdurchsetzungsgesetzes, zugestimmt. Die Stoßrichtung der Reform hat sich gegenüber dem Referentenentwurf des Bundeministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom September 2022 (wir berichteten hier: Link) nicht geändert. Erklärtes Ziel ist somit weiterhin, dass „Störungen des Wettbewerbs im Sinne der Verbraucher besser abgestellt werden können“, so das BMWK in seiner aktuellen Pressemitteilung (Link). Insbesondere die Befugnisse des Bundeskartellamts (BKartA) im Bereich der sog. Sektoruntersuchungen sollen hierfür ausgeweitet werden. Schon wenn das BKartA zu dem Ergebnis kommt, dass eine „Störung des Wettbewerbs“ vorliegt, sollen künftig Abhilfemaßnahmen, bis hin zu eigentumsrechtlichen Entflechtungen, angeordnet werden können. Bislang ist für Maßnahmen nach dem GWB ein normierter Kartellrechtsverstoß erforderlich.
Geeinigt hat man sich auch auf eine Vereinfachung der kartellrechtlichen Gewinnabschöpfung. Konkret sollen die Nachweisanforderungen an erlangte Vorteile aus Kartellrechtsverstößen herabgesetzt werden. So erhofft man sich eine effektivere Abschöpfung.
Auch würde die Novelle in der vorgestellten Form das Bundeskartellamt ermächtigen, Verstöße gegen die am 1. Mai 2023 in Kraft tretende Verordnung (EU) Nr. 2022/1925 (Digital Markets Act) zu untersuchen und der Europäischen Kommission Bericht zu erstatten.
Zwar fällt die Novelle gegenüber dem Referentenentwurf aus dem Jahr 2022 etwas weniger drastisch aus (z.B. wurden Eingriffsschwellen im Bereich der Sektoruntersuchungen erhöht und stark präzisiert). Dennoch erfährt die Reform weiterhin starke Kritik. Durch die weitreichenden Befugnisse des BKartA müssten Unternehmen künftig trotz Fehlens eines unrechtmäßigen Handelns Eingriffe befürchten. Dies berge verfassungsrechtliche Implikationen, so die Kritik. Zudem wird die politische Dimension der Reform kritisiert: Nachdem es dem BKartA letztes Jahr nicht gelang, Mineralölkonzernen Preisabsprachen nachzuweisen, würden jetzt die Hürden herabgesetzt, um leichter an Unternehmensgewinne zu kommen.
Das Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz wird nun Bundestag und Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zugeleitet. Ob das Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz in dieser Form bzw. wann die 11. GWB-Novelle in Kraft treten wird, ist derzeit noch nicht absehbar.
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Wir danken Moritz Wiechert für seine wertvolle Unterstützung bei der Erstellung dieses Newsletters.