EU/Competition – Legal Update
Stand: Januar 2022
► Neue KUEBLL kommen Anfang 2022
Am 21. Dezember 2021 hat die Kommission die neuen sog. KUEBLL, nämlich die neuen Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (Englisch: CEECAG), gebilligt, die im Januar 2022 förmlich angenommen, im Amtsblatt der EU veröffentlicht und ab diesem Zeitpunkt anwendbar sein werden. Durch eine stärkere Ausrichtung auf die Dekarbonisierung und die erneuerbaren Energien sollen sie dazu beizutragen, die Ziele des Green Deals schnell, gezielt und günstig zu erreichen. Demensprechend können Förderungen unter Anwendung der neuen Leitlinien für alle Technologien genehmigt werden, die einen Beitrag zum Green Deal leisten können. Die neuen Leitlinien bieten hierfür beispielsweise eine Reihe an neuen Beihilfekategorien, die Minimierung der beihilfefähigen Wirtschaftszweige und die Einführung von neuen Instrumenten, wie CO2-Differenzverträge.
Die KUEBLL sollen im Laufe des Jahres flankiert werden durch eine Ergänzung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO), wonach Beihilfen für Investitionen in Grüne Technologien (Wasserstoff, CO2-Abscheidung, u.a.), Ressourceneffizienz, Biodiversität, Energieeffizienz von Gebäuden, Ladeinfrastrukturen für saubere Mobilität u.a. von der Anmeldepflicht freigestellt und vorab genehmigt werden sollen. (Link)
► Neue Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen
Am 6. Dezember 2021 hat die Kommission ihre überarbeiteten Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen veröffentlicht. Diese sollen für Unternehmensneugründungen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Unternehmen mittlerer Kapitalisierung den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern, um so zur Erholung der europäischen Wirtschaft und grünen Zukunft Europas beizutragen.
Die überarbeiteten Vorschriften, ermöglichen Risikofinanzierungsbeihilfen der Mitgliedstaaten außerhalb der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO), um bei Marktversagen vermehrt Investoren anzuziehen. Die Kommission hat die neuen Leitlinien vereinfacht und konkretisiert und sie darauf ausgerichtet, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten. (Link)
► Förderung im Rahmen des H2Global-Projekts nun möglich
Am 20.12.2021 hat die Kommission die deutsche Beihilferegelung zur Förderung von Investitionen in die Erzeugung von erneuerbarem („grünen“) Wasserstoff in Nicht-EU-Ländern genehmigt. Deutschland hat das Projekt, das ein Volumen von rund EUR 900 Mio. hat, unter der Bezeichnung „H2Global“ auf den Weg gebracht. Nach der nun genehmigten Regelung sollen Wasserstoff und Wasserstoffderivate auf dem Weltmarkt eingekauft und importiert und sodann in der EU verkauft werden. Mit dieser Regelung soll der Markthochlauf von grünem Wasserstoff gefördert und damit ein Beitrag zur Erreichung der Ziele des Green Deals geleistet werden.
Die H2Global-Regelung sieht hierfür ein sog. Doppelauktionsmodell vor, nach dem der Wasserstoff oder Wasserstoffderivate über ein wettbewerbliches Verfahren in den Nicht-EU-Ländern zum geringstmöglichen Preis mit 10-Jahresverträgen eingekauft und über einen gegründeten Intermediär (HINT.CO) mittels kurzfristiger Auktionen zum höchstmöglichen Preis an deutsche und EU-Unternehmen verkauft werden können. (Link)
► Wettbewerbsregister in Deutschland erreicht nächste Wirkstufe
Am 1. Dezember 2021 hat das neue Wettbewerbsregister beim Bundeskartellamt eine neue Wirkstufe seines Betriebs erreicht, indem nun die Mitteilungspflicht von Behörden an das Register und eine Abfragemöglichkeit für Auftragnehmer besteht. Das Wettbewerbsregister, für das im März 2021 der Startschuss fiel, soll Auftraggeber in Vergabeverfahren zentral und digital über von Unternehmen begangene Wirtschaftsdelikte informieren, die zum Ausschluss dieser vom Vergabeverfahren führen müssen oder können. Seit dem 1. Dezember 2021 sind Strafverfolgungs- und Bußgeldbehörden nun verpflichtet, registerrelevante Entscheidungen an das Wettbewerbsregister zu melden. Öffentliche Auftraggeber wiederum können das Bundeskartellamt um Auskünfte ersuchen; ab Juni 2022 werden die Abfragen durch Öffentliche Auftraggeber verpflichtend sein.
Kurz zuvor, nämlich am 25. November 2021, hatte das Bundeskartellamt Leitlinien und praktische Hinweise zur vorzeitigen Löschung und Selbstreinigung veröffentlicht. Der Eintrag eines Unternehmens im Register erfolgt abhängig vom Verstoß für drei oder fünf Jahre. Unterzieht sich ein betroffenes Unternehmen jedoch erfolgreich einer sog. vergaberechtlichen Selbstreinigung, kann eine vorzeitige Löschung erfolgen. Neben einem Schadensausgleich ist für die Löschung insbesondere der Ausbau der Compliance-Maßnahmen im Unternehmen relevant; die erforderlichen Standards für effektive Compliance-Maßnahmen werden erstmals in den praktischen Hinweisen des Bundeskartellamts näher erläutert. (Link)
► Jahrelanges beihilferechtliches Private Enforcement-Verfahren durch Beschluss des BGH beendet
Mit Beschluss vom 9.11.2021 hat der Bundesgerichtshof einen jahrelangen Rechtsstreit im Bereich der zivilprozessualen Durchsetzung des EU-Beihilferechts (beihilferechtliches Private Enforcement) beendet (Az. VIII ZR 97/20). In dem Rechtsstreit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der österreichischen Klausner-Unternehmensgruppe ging es im Kern um die Vollziehung eines zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages und die Frage der Nichtigkeit von Verträgen wegen eines Verstoßes gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV) sowie der Rechtskraftdurchbrechung aufgrund des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes. Diese Fragen hatte das Oberlandesgericht Hamm auch in zweiter Instanz zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen entschieden und damit eine Klage der Klausner-Unternehmensgruppe auf Vertragserfüllung zurückgewiesen (Az. 2 U 131/18). Mangels Revisionszulassung blieb der Klausner-Gruppe hiernach nur die Nichtzulassungsbeschwerde, die der Bundesgerichtshof nun aber zurückwies. Auch das erstinstanzlich mit der Sache befasste Landgericht Münster (Az. 11 O 334/12) hatte die Klage abgewiesen, nachdem es den Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorlageverfahrens zur Frage der Rechtskraftdurchbrechung angerufen hatte (Rs. C-505/14), und auch das Gericht erster Instanz war zwischenzeitlich mit dem Sachverhaltskomplex befasst (Rs. T-101/16). (Link)
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Das EU/COMP-Team von Chatham Partners ist auf komplexe Fragestellungen aus den Bereichen des EU- und deutschen Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberechts spezialisiert und verfügt über ausgewiesene praktische Erfahrungen in diesen Bereichen.