Ist das Ende des „Schriftformerfordernisses“ für Gewerbemietverträge in Sicht?
Das Schriftformerfordernis für Gewerbemietverträge
Für Gewerbemietverträge, deren Festlaufzeit ein Jahr überschreiten, besteht das sogenannte Schriftformerfordernis, §§ 578 Abs. 2, 550 BGB. Wurde das Schriftformerfordernis nicht eingehalten, ist eine beidseitige Kündigung des Mietverhältnisses im Rahmen der gesetzlichen Fristen jederzeit möglich. Die Kündigung wird auch nicht durch die zahlreich verwendeten Heilungsklauseln verhindert, da diese gemäß BGH-Rechtsprechung unwirksam sind.
Besonders im gewerblichen Bereich besteht sowohl auf der Vermieter- als auch der Mieterseite ein Interesse an erhöhter Planungssicherheit durch den Abschluss mehrjähriger Mietverträge. Die meisten Gewerbemietverträge werden daher mit einer Festlaufzeit abgeschlossen, ggf. mit Verlängerungsoptionen.
Da sich bei umfangreichen und mehrjährigen Gewerbemietverträgen mit ihren zahlreichen Nachträgen oft (unbewusste) Verstöße gegen das Schriftformerfordernis finden lassen, ist das Risiko einer entsprechenden Kündigung grundsätzlich hoch. Die Einhaltung der Schriftform zwingt Mieter und Vermieter zu einem bürokratisch aufwendigen Verfahren bei Abschluss und Änderung ihrer Mietverträge. Einige Anforderungen des Schriftformerfordernisses sind die folgenden:
Zunächst muss der Mietvertrag körperlich oder inhaltlich so verbunden sein, dass eine gedankliche Zusammengehörigkeit in geeigneter Weise zweifelsfrei erkennbar ist. Nach einer Entscheidung des OLG Brandenburg aus dem Jahr 2020 (3 U 67 / 20) kann es an der inhaltlichen Zusammengehörigkeit schon dann fehlen, wenn sich der Mietvertrag auf eine Anlage bezieht, die nicht existiert oder – sofern keine physische Verbindung der einzelnen Seiten besteht – Teile des Mietvertrags grafisch uneinheitlich gestaltet sind und keine fortlaufenden Seitenzahlen aufweisen. Die körperliche Zusammengehörigkeit kann durch Tackern oder Bindung hergestellt werden, eine Büroklammer reicht allerdings nicht.
Weiterhin müssen die zentralen inhaltlichen Elemente wie die Parteien, Mietgegenstand, Mietdauer und Miete hinreichend präzise festgehalten werden. Ist beispielsweise eine Partei, deren rechtliche Vertretung, die Lage und Beschaffenheit des Mietgegenstands oder die Mietlaufzeit falsch oder ungenau beschrieben, liegt ebenfalls ein Schriftformmangel vor.
Auch bei sämtlichen nachträglichen Vertragsänderungen müssen vorgenannte Voraussetzungen eingehalten werden, ansonsten können auch Nachträge zum Mietvertrag einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis begründen.
Ende in Sicht?
Auf der Kabinettsklausur in Meseberg am 30. August 2023 beschloss die Bundesregierung nun das von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann vorgelegte Eckpunktepapier für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Unter vielen Änderungsvorschlägen zum Abbau von bürokratischen Hürden und zur Entlastung der Verwaltung findet sich auch das Vorhaben, Schriftformerfordernisse im Vereins-, Schuld- und Mietrecht aufzuheben. Dabei wird besonders das Schriftformerfordernis für Mietverträge über Gewerberäume hervorgehoben.
Das Gesetz befindet sich zwar erst in einem frühen Anfangsstadium (zunächst muss ein Gesetzesentwurf erarbeitet und dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt werden), mit dem neuen Eckpunktepapier rückt das Ende des Schriftformerfordernisses aber immerhin näher.