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Neue IPCEI-Mitteilung der Europäischen Kommission

Stärkung der Transparenz und der Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen bei wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse

Am 25. November 2021 hat die Kommission die endgültige Fassung der von ihr überarbeiteten sog. IPCEI-Mitteilung veröffentlicht (zur Pressemitteilung). Der große Wurf ist der Kommission aus Sicht der Praktiker damit zwar nicht gelungen, weil viele Unklarheiten der Vorgänger-Mitteilung auch durch die neue Fassung nicht beseitigt wurden. Die neue Mitteilung stellt für Unternehmen und die Mitgliedstaaten aber endlich eine aktualisierte Handreichung dar, mit deren Hilfe gerade auch das sich zurzeit in der Pipeline befindliche Wasserstoff-IPCEI von den beteiligten Mitgliedstaaten und Unternehmen weiter vorangetrieben werden kann.

Zum Hintergrund: Die EU-Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Projects of Common European Interest / IPCEI) zu subventionieren, sofern IPCEI-Projekt und Beihilfen von der Kommission nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV genehmigt wurden. Konkretisierte Kriterien für die Prüfung von IPCEI-Projekten ergaben sich seit 2014 aus der damals veröffentlichten (ersten) IPCEI-Mitteilung, die nun am 1. Januar 2022 durch die aktualisierte Mitteilung abgelöst wird. Die IPCEI-Mitteilung 2014 wurde in den vergangenen Jahren auf Infrastrukturvorhaben (Feste Fehmarnbeltquerung) sowie integrierte Vorhaben zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich Mikroelektronik (im Dezember 2018) sowie Vorhaben im Zusammenhang mit der Batteriewertschöpfungskette (im Dezember 2019 und im Januar 2021) angewandt und hat in innovativen Industrien große Beachtung erfahren.

Die Herausforderung für Unternehmen, die Beihilfen unter Berufung auf ein IPCEI in Anspruch nehmen möchten, liegt darin, dass Vorhaben und Beihilfe ein detailliertes und aufwendiges beihilferechtliches Prüfverfahren unter Einbeziehung nicht nur der Behörden des eigenen Mitgliedstaates, sondern auch derjenigen anderer Mitgliedstaaten durchlaufen müssen; denn es geht eben nicht um eine bloße Freistellung vom Durchführungsverbot, sondern um eine an strenge Anforderungen geknüpfte Genehmigung der (typischerweise sehr hohen) Beihilfen. Neben der Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten an einem IPCEI müssen insbesondere erhebliche spill over-Effekte nachgewiesen werden, d.h. eine positive Ausstrahlung des Vorhabens über teilnehmende Mitgliedstaaten, Unternehmen und Sektoren hinaus.

Gegenüber der IPCEI-Mitteilung 2014 sieht die jetzt veröffentlichte IPCEI-Mitteilung 2022 insbesondere folgende Neuerungen vor:

  • Anpassung an die Ziele der Union: Die IPCEI-Mitteilung betont die aktuellen Ziele und Strategien der Union, wie beispielsweise European Green Deal, Digitalstrategie, neue Industriestrategie, Europäische Gesundheitsunion und NextGenerationEU.
  • Stärkung des offenen Charakters von IPCEI-Förderungen: Um allen EU-Mitgliedstaaten eine echte Gelegenheit zur Teilnahme an IPCEI-Vorhaben zu bieten, macht die Kommission eine Genehmigung fortan davon abhängig, dass das Vorhaben transparent und inklusiv ausgestaltet ist und die Teilnahme von i.d.R. mindestens vier Mitgliedstaaten vorsieht.
  • Teilnahme von Start-Ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU): Für Start-Ups und KMU gelten im Rahmen der Vereinbarkeitsprüfung künftig spezifische Bedingungen, die deren Teilnahme erleichtern, so etwa die Berücksichtigung aller Umstände, die indizieren, dass die Beihilfe (nur) ein geringeres Risiko einer Wettbewerbsbeeinträchtigung birgt.
  • Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen: Angemeldete Vorhaben müssen ökologisch nachhaltig sein – in Anlehnung an die EU-Taxonomie zur Klassifizierung nachhaltiger Investitionen.
  • Möglichkeit der Fördermittel-Kombination: Soweit der Gesamtbetrag der Beihilfen den günstigsten Finanzierungssatz nicht übersteigt, ist für IPCEI-Vorhaben künftig eine Kombination mit Fördermitteln aus anderen Quellen möglich,
  • Besondere vorhabenbezogene Kriterien: Infrastrukturvorhaben müssen künftig einen diskriminierungsfreien (Netz-)Betrieb gewährleisten; um sich als Vorhaben der ersten gewerblichen Nutzung (First Industrial Deployment / FID), mit denen innovative Techniken gefördert werden, zu qualifizieren, reichen bloß regelmäßige (technische) Aktualisierungen nicht aus. Vielmehr müssen neue Dienstleistungen mit hohem Forschungs- und Innovationsgehalt und/oder die Einführung eines grundlegend innovativen Produktionsprozesses Teil des Vorhabens sein.
  • Fehlende Abhängigkeit der Beihilfe von Verlagerung der Produktionstätigkeit: Wird die Gewährung von Beihilfen davon abhängig gemacht, dass der Beihilfeempfänger seine Produktion oder eine andere Tätigkeit von einem anderen EWR-Land in das Gebiet des fördernden EU-Mitgliedstaates verlagert, schwinden die Chancen auf Genehmigung der Beihilfe. Auch wenn die Zahl der in der ursprünglichen EWR-Niederlassung des Beihilfeempfängers verlorenen Arbeitsplätze gering ist, gilt eine solche Verknüpfung künftig als i.d.R. nicht ausgleichbare Beeinträchtigung des Binnenmarktes, die also nicht durch positive Auswirkungen kompensiert werden kann.

Darüber hinaus behält sich die Kommission in der neuen IPCEI-Mitteilung ausdrücklich das Recht vor, Mitgliedstaaten aufzufordern, einen Rückforderungsmechanismus einzuführen, um zu gewährleisten, dass die gewährten Beihilfen angemessen und auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben.

Nach Auffassung der Kommission sollen IPCEI ein leistungsfähiges Instrument zur wirksamen Förderung der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft sein. Gerade deshalb erhöht die neue IPCEI-Mitteilung daher grundsätzlich die Anforderungen an solche Projekte; die Kommission hat es freilich erneut vermieden, abschließende Antworten auf die in der Praxis regelmäßig drängendsten Fragen zu geben, bspw. zur klaren Definition und Abgrenzung des Projekts bei FID-Vorhaben (auch mit Blick auf die Massenproduktion).

Umso wichtiger wird auch in Zukunft eine sorgfältige Vorbereitung von IPCEI-Förderanträgen (einschließlich des kontrafaktischen Szenarios) sein; denn davon hängen die Erfolgsaussichten für eine Genehmigung der Beihilfen und damit die Umsetzung des Projekts maßgeblich ab.

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Das EU COMP-Team von Chatham Partners ist auf komplexe beihilferechtliche Fragen spezialisiert und verfügt über spezielle Vorerfahrung auch im Zusammenhang mit IPCEI-Projekten. Nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf, um zu erfahren, wie wir auch Ihr Unternehmen unterstützen können.

IPCEI-Mitteilung 2021 – Deutsch

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IPCEI-Mitteilung 2021 – Englisch

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