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EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen

Geltungsbeginn der Verordnung und Annahme der Durchführungsverordnung

Seit dem 12. Juli 2023 ist die Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen, die sog. Foreign Subsidies Regulation (kurz: FSR, VO (EU) 2022/2560) in der EU anwendbar. Nur zwei Tage vorher (am 10. Juli 2023) hatte die Kommission noch die endgültige FSR-Durchführungsverordnung veröffentlicht, in der die Anwendung der neuen Regelungen erläutert wird.

Regelungsziel

Ziel der FSR ist es, den Binnenmarkt von wettbewerbsverzerrenden drittstaatlichen Subventionen freizuhalten (wir berichteten bereits). Neben der Möglichkeit, von Amts wegen eine Überprüfung drittstaatlicher Subventionen einzuleiten, hat die Kommission zu diesem Zweck nun im Wesentlichen zwei neue Kontrollbefugnisse, und zwar im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen und im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren. Diese neuen Kontrollbefugnisse spiegeln sich wider in der Pflicht von Unternehmen,

  • in bestimmten Fällen Zusammenschlüsse anzumelden und
  • bei der Bewerbung auf größere öffentliche Aufträge
    • drittstaatliche finanzielle Zuwendungen zu melden oder –
    • zu erklären, dass die drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen unterhalb der Meldeschwelle liegen.

So soll verhindert werden, dass Unternehmen durch staatliche Unterstützung aus dem Ausland Vorteile erlangen, die den innereuropäischen Wettbewerb verzerren, indem sie etwa durch Übernahmen ihren Einfluss wettbewerbswidrig ausbauen oder auf öffentliche Ausschreibungen ungerechtfertigt günstige Angebote abgeben. Während der FSR-Prüfung durch die Kommission dürfen Zusammenschlüsse somit nicht vollzogen und Zuschläge für öffentliche Aufträge nicht erteilt werden.

Die neuen Regelungen

Konkret gilt seit dem 12. Juli 2023 Folgendes:

  • Unternehmenszusammenschlüsse, die seit dem 12. Juli 2023 vereinbart wurden („signing“) und nach dem 12. Oktober 2023 vollzogen („closing“) werden, müssen bei kumulativer Erfüllung nachfolgender Voraussetzungen vorab bei der Kommission zur Kontrolle angemeldet werden:
    • Mindestens eines der beteiligten Unternehmen
      • ist in der Union niedergelassen und
      • hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von EUR 500 Mio. erzielt und
    • beide Unternehmen haben in den letzten drei Jahren vor Vertragsschluss drittstaatliche finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als EUR 50 Mio. erhalten.
  • Wer sich auf öffentliche Aufträge bewirbt, die seit dem 12. Juli 2023 neu ausgeschrieben werden, muss bei Einreichung des Angebots oder Teilnahmeantrags nach dem 12. Oktober 2023 alle in den letzten drei Jahren erhaltenen drittstaatlichen finziellen Zuwendungen melden. Zwar gilt die Meldepflicht nur, wenn
    • der geschätzte Wert des Auftrags mindestens EUR 250 Mio. beträgt und – im Falle einer Aufteilung in Lose – das Unternehmen Lose im Wert von mindestens EUR 125 Mio. anvisiert und
    • dem Bewerber in den drei Jahren vor der Meldung drittstaatliche finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als EUR 4 Mio. pro Drittstaat gewährt wurden.

Doch auch wenn der Schwellenwert für die drittstaatlichen finanzielle Zuwendungen nicht erreicht ist, muss ein Bewerber dies in einer entsprechenden Erklärung bestätigen und anhand einer Aufstellung aller drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen der letzten drei Jahre belegen.

Aufwändige Informationsermittlung

Sowohl hinsichtlich der drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen als auch hinsichtlich des Gesamtumsatzes nimmt die FSR auch die mit dem betroffenen Unternehmen verbundenen beherrschten und beherrschenden Unternehmen in den Blick.

Für Unternehmen können Anmeldung, Meldung oder Erklärung somit aufwändige Informationsbeschaffungsmaßnahmen bedeuten. Denn relevant ist jede „direkte oder indirekte finanzielle Zuwendung von einem Drittstaat“. Darunter fällt also nicht nur der Transfer von Geldern oder Forderungen, sondern auch der Verzicht auf fällige Einnahmen oder auch die Bereitstellung und der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen. Erfasst sind somit zahlreiche Finanztransfers auch neben den „klassischen“, als solchen offensichtlichen Subventionen. Es sind gerade diese weite Definition in Verbindung mit den strengen Durchsetzungsmechanismen (Durchführungsverbote, hohe Bußgelder), die die praktische Bedeutsamkeit der FSR ausmachen.

Praktische Umsetzung von Anmeldung, Meldung und Erklärung

Während des Gesetzgebungsprozesses und auch noch nach Veröffentlichung der FSR selbst ergaben sich zahlreiche Unklarheiten hinsichtlich der praktischen Anwendung der FSR. Dementsprechend wurde die finale Durchführungsverordnung der Kommission (angenommen am 10. Juli 2023) mit Spannung erwartet. Sie beinhaltet nun deutliche Erleichterungen: Zwar bleibt der Kern des auf Informationsbereitstellung durch Unternehmen beruhenden Systems bestehen. Jedoch muss bspw. der Kauf oder Verkauf von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen an bzw. gegenüber Drittstaaten zu Marktkonditionen nicht mehr angegeben werden (Rückausnahme: Finanzdienstleistungen). Auch bestimmte Steueranreize oder -befreiungen brauchen nicht gemeldet zu werden, solange sie allgemein gewährt werden.

Zudem hat die Kommission mit der Durchführungsverordnung die de-minimis-Schwelle für relevante finanzielle Zuwendungen bei Zusammenschlüssen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf von EUR 200.000 auf EUR 1 Mio. deutlich erhöht. Niedrigere finanzielle Zuwendungen müssen danach nicht mehr angegeben werden.

Bei öffentlichen Vergabeverfahren jedoch wird der praktische Aufwand für eine Meldung oder Erklärung unabhängig davon steigen, ob die relevanten Schwellenwerte für Zuwendungen überschritten werden, auch wenn der inhaltliche Umfang mit der Durchführungsverordnung reduziert worden ist. Denn auch im Rahmen von Erklärungen müssen die bietenden Unternehmen alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen der letzten drei Jahre anführen. Lediglich Zuwendungen von bis zu EUR 200.000 in drei Steuerjahren („de-minimis-Beihilfen“) müssen nicht angegeben werden; Zuwendungen von > EUR 200.000 und < EUR 1 Mio. können grundsätzlich zusammengefasst werden. Vor diesem Hintergrund gilt es für alle Unternehmen, die sich auf Ausschreibungen mit dem eingangs genannten Volumen bewerben, sich in jedem Fall mit der FSR zu befassen. Denn zumindest eine Erklärung wird immer abzugeben sein.

Handlungsbedarf

Für Unternehmen, deren Tätigkeit auch nur potenziell in den Anwendungsbereich der FSR fallen kann, ist es somit unabdingbar geworden, die Erfassung konzernweiter Informationen derart auszugestalten, dass für den maßgeblichen Zeitraum von drei Jahren einschlägige Verträge mit Drittstaaten, die Gewährung ausschließlicher Rechte, steuerliche Anreize, usw. auf globaler Basis nachvollzogen und die Informationen zuverlässig und vollständig extrahiert werden können. Denn bei Verstößen gegen die FSR drohen Verbote von Zusammenschlüssen bzw. Ausschlüsse von Vergabeverfahren sowie zusätzliche Sanktionen.

Für alle Fragen im Zusammenhang mit der FSR steht Ihnen unser kompetentes Team gerne zur Verfügung.

Wir danken Moritz Wiechert für seine wertvolle Unterstützung beim Verfassen dieses Artikels.

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