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EU/Competition – Legal Update

Stand: 4. Januar 2023

EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen erlassen und veröffentlicht

Die EU hat kurz vor Weihnachten eine Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen erlassen und veröffentlicht (VO 2022/2560, Link). Sie gilt ab dem 12. Juli 2023 und will den Subventionen von Nicht-EU-Ländern entgegentreten, die den EU-Binnenmarkt verzerren, insbesondere im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen und der Vergabe öffentlicher Aufträge bzw. Konzessionen. Insoweit verhängt die EU nunmehr u.a. Vollzugsverbote bzw. Zuschlagssperren.

Kurz zusammengefasst:

Drittstaatliche Subventionen beziehen sich u.a. auf den Transfer von Geldern, den Verzicht auf fällige Einnahmen und die Bereitstellung bzw. den Erwerb von Waren/Dienstleistungen durch die Regierung bzw. Behörden eines Nicht-EU-Staates bzw. durch öffentliche oder private Einrichtungen eines solchen Staates, soweit deren Handlungen dem Drittstaat zurechenbar sind.

Eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt durch solche Subventionen liegt schon dann vor, wenn diese geeignet sind, die Wettbewerbsposition eines Unternehmens auf dem Binnenmarkt zu verbessern, und dadurch den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zumindest potenziell verzerren. Ausgenommen sind lediglich solche Subventionen, die in drei Jahren die Schwelle von EUR 4 Mio. nicht überschreiten oder der Behebung von Schäden aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen dienen sollen. Umgekehrt gelten als besonders wettbewerbsverzerrend drittstaatliche Subventionen, die an notleidende Unternehmen, in Form einer unbegrenzten Garantie, in Widerspruch zum OECD-Exportkredit-Übereinkommen ergehen oder Zusammenschlüsse erleichtern bzw. im Rahmen eines Vergabeverfahrens ein ungerechtfertigt günstiges Angebot ermöglichen.

Die Europäische Kommission („Kommission“) kann eigeninitiativ Prüfungen hinsichtlich solcher Subventionen einleiten und in diesem Zusammenhang Auskünfte verlangen bzw. (auch außerhalb der EU) Nachprüfungen durchführen. Ihr Verfahren ist in eine Vorprüfung sowie eine evtl. eingehende Prüfung gegliedert; am Ende der letzteren kann die Kommission Abhilfemaßnahmen auferlegen und Verpflichtungszusagen von Unternehmen für verbindlich erklären. Ferner kann die Kommission einstweilige Maßnahmen anordnen, insbesondere zur Gewährung eines nichtdiskriminierenden Infrastrukturzugangs, des Verzichts auf Investitionen u.a. mehr. Ferner kann sie in dem bereits aus dem EU-Kartell- und Beihilferecht bekannten Umfang Geldbußen (i.H.v. max. 10 % des Konzernumsatzes) und Zwangsgelder (i.H.v. max. 5 % des täglichen Konzernumsatzes für jeden Tag der Nichtbefolgung eines Kommissions-Beschlusses) verhängen.

Bei der Kommission vor dem Vollzug anzumelden sind alle Zusammenschlüsse, die ab dem 12. Juli 2023 vereinbart werden und bei denen mindestens ein beteiligtes Unternehmen einen EU-weiten Konzernumsatz von mind. EUR 500 Mio. erzielt und (!) Erwerber oder Target des Zusammenschlusses in den vorangegangenen drei Jahren drittstaatliche finanzielle Zuwendungen von mehr als EUR 50 Mio. erhalten haben. (Die Umsätze sind als Nettoumsätze zu verstehen, d.h. ohne MwSt, sonstige direkte Umsatzsteuern sowie „Erlösschmälerungen“.)

Ein solcher Zusammenschluss darf während des laufenden Kommissionsverfahrens nicht vollzogen werden. Dieses Vollzugsverbot ist in o.g. Umfang bußgeldbewehrt; ferner kann die Kommission beteiligte Unternehmen auffordern, den rechtswidrigen Vollzug rückgängig zu machen. Die KOM kann einen solchen Zusammenschluss untersagen oder davon abhängig machen, dass die beteiligten Unternehmen Abhilfemaßnahmen vornehmen bzw. Verpflichtungszusagen erfüllen.

In Bezug auf Vergabeverfahren, die ab 12. Juli 2023 eingeleitet werden, sind drittstaatliche finanzielle Zuwendungen vorab meldepflichtig, wenn der Auftragswert mind. EUR 250 Mio. (bei Losvergabe: EUR 125 Mio.) beträgt und (!) dem Bieter (bzw. dessen Konzerngesellschaften, Hauptunterauftragnehmern bzw. Hauptlieferanten) in den vorausgegangenen drei Jahren drittstaatliche Zuwendungen von mind. EUR 4 Mio. je Drittstaat gewährt worden sind.

Während des laufenden Kommissions-Prüfverfahrens darf kein Zuschlag erteilt werden. Darüber hinaus kann die Kommission die Zuschlagserteilung untersagen bzw. den Zuschlag von Verpflichtungszusagen abhängig machen.

Die Kommission wird bis 12. Juni 2023 Durchführungsakte sowie bis zum 12. Januar 2026 praxisorientierte Leitlinien zu der Verordnung erlassen.

Die Verordnung zielt nicht nur auf chinesische Unternehmen, sondern ebenso auf Unternehmen aus anderen (finanzstarken) Drittstaaten (etwa Schweiz, Großbritannien, USA, Kanada, Singapur, Taiwan, Australien, Brasilien, Südafrika, etc.), die ihren Unternehmen finanzielle Vorteile gewähren, die sich auf dem EU-Binnenmarkt wettbewerbsverzerrend auswirken können. Zusammenschlüsse bzw. Vergabeverfahren unter Beteiligung von Unternehmen, die letztlich aus solchen Drittstaaten geführt werden, werden künftig in o.g. Umfang meldepflichtig bzw. insgesamt erschwert werden. Dies gilt zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen zu Fusionskontrolle, Kartellen, Beihilfen durch EU-Mitgliedstaaten, Vergabeverfahren, Antidumping-/Antisubventions-Zöllen, u.v.m., die selbstverständlich auch weiterhin gelten werden.

Green Deal: Einigung über Stärkung und Ausweitung des Emissionshandelsund über neue Vorschriften für die Anwendung des EU-Emissionshandelssystems im Luftfahrtsektor,Einigung auf neue Verordnung über nachhaltigere und kreislauffähige Batterienund Einigung über das CO2-Grenzausgleichssystem

Im Rahmen des Green Deals haben das Europäische Parlament („Parlament“) und der Europäische Rat („Rat“) im Dezember 2022 eine Reihe wesentlicher Einigungen getroffen.

Das Parlament und der Rat erzielten eine politische Einigung über die Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems („CBAM“) (Link). Das System soll der Förderung einer sauberen industriellen Produktion in Nicht-EU-Ländern dienen, indem faire Preise für den sog. grauen CO2-Ausstoß festgelegt werden, der bei der Herstellung CO2-intensiver Waren anfällt, die in die EU eingeführt werden. Dadurch soll eine Verlagerung von CO2-Emissionen in Länder mit weniger hohen Anforderungen und die Ersetzung von EU-Produkten durch die Einfuhr ausländischer Produkte verhindert werden. Das CBAM gilt zunächst für die Einfuhr bestimmter Waren und Ausgangsstoffe, deren Produktion besonders CO2-intensiv ist und bei denen das Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen am höchsten ist: Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Es wird nach seiner vollständigen Umsetzung plangemäß mehr als 50 % der Emissionen der unter das EU-Emissionshandelssystem („EU-EHS“) fallenden Branchen erfassen. Über das EU-EHS wird CO2 bepreist und die zulässigen Emissionshöchstwerte in bestimmten Sektoren jährlich abgesenkt. Zunächst soll am 1. Oktober 2023 eine Übergangsphase in Kraft treten, während der die in den Einfuhren enthaltenden direkten Treibhausgasemissionen lediglich zu melden sind. Sobald das endgültige System greift, müssen Importeure jedes Jahr die Menge, der im Vorjahr in die EU eingeführten Waren und die damit verbundenen grauen Treibhausgasemissionen melden und die entsprechenden CBAM-Zertifikate zurückgeben. Der Preis der Zertifikate wird in Abhängigkeit vom wöchentlichen durchschnittlichen Auktionspreis der EU-EHS-Zertifikate in EUR pro Tonne emittiertes CO2 ausgedrückt.

Ergänzend zum CBAM erzielte die Kommission mit dem Parlament und dem Rat am 18. Dezember 2022 eine vorläufige Einigung über die Stärkung des EU-EHS (Link). Die aktuelle Einigung sieht vor, die Emissionen aus den EU-EHS-Sektoren bis 2030 um insgesamt 62 % gegenüber dem Stand von 2005 zu senken und damit um 19 Prozentpunkte mehr im Vergleich zu den 43 %, die in den bisher geltenden Rechtsvorschriften vorgesehen waren. Zudem soll das Tempo der jährlichen Emissionsreduktionen beschleunigt werden: von 2,2 % pro Jahr auf 4,3 % von 2024 bis 2027 und 4,4 % ab 2028. Dazu soll die Zuteilung kostenloser Emissionszertifikate an bestimmte Unternehmen nach und nach abgeschafft und das CBAM für die betreffenden Sektoren von 2026 bis 2034 schrittweise eingeführt werden. Zudem soll das EU-EHS auf Emissionen aus der Schifffahrt ausgeweitet und ab 2027 ein neues, gesondertes Emissionshandelssystem für die in Gebäuden und im Straßenverkehr eingesetzten Kraftstoffe eingeführt werden. Dieses vorgelagerte System wird Regeln für die Kraft- und Brennstoffanbietenden, nicht aber für einzelne Haushalte und Verkehrsteilnehmende vorsehen. Für vulnerable Personen und Kleinstgeschäftsleute sollen überdies durch die Einrichtung eines Klimasozialfonds gezielt Finanzhilfen bereitgestellt werden, um sie bei Investitionen in Energiesparmaßnahmen zu unterstützen. Der Startschuss für den Fonds soll 2026 fallen; er soll mit EUR 65 Mrd. aus dem EU-Haushalt plus 25 % Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten finanziert werden.

Kurz zuvor, am 9. Dezember 2022, hatte die Kommission mit Parlament und Rat schon eine Einigung über die Verschärfung der Vorschriften des EU-EHS für die Luftfahrt erzielt (Link). Die neuen Regelungen sehen vor, die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für den Luftverkehrssektor wie folgt schrittweise einzustellen: 25 % im Jahr 2024, 50 % im Jahr 2025 und 100 % im Jahr 2026. Das bedeutet, dass die Zertifikate ab 2026 vollständig versteigert werden. Von 2022 bis 2027 soll für innereuropäische Flüge (einschließlich dem Vereinigten Königreich und der Schweiz) das EU-EHS gelten, während für außereuropäische Flüge in bzw. aus Drittländern weiterhin das CORSIA-System greift. Dieses System wurde von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt eingerichtet, durch das Airlines ihre CO2-Emissionen durch sogenannte Offset-Zertifikate kompensieren müssen. Ab 2026 könnte der Geltungsbereich des EU-EHS auf außereuropäische Flüge ausgeweitet werden. Zudem sind Unterstützungsleistungen in Höhe von ca. EUR 1,6 Mrd. aus den Einnahmen des EU-EHS vorgesehen, damit der Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe schnell Fahrt aufnimmt. So sollen kurzfristig 20 Mio. kostenlose Zertifikate bereitgestellt werden, um Anreize für die Einführung von klimafreundlicheren Kraftstoffen zu schaffen. 

Ebenfalls am 9. Dezember 2022 kam es zu einer vorläufigen politischen Einigung zwischen Parlament und Rat, die darauf abzielt, alle in der EU in Verkehr gebrachten Batterien nachhaltiger, kreislauforientierter und sicherer zu machen (Link). Die Einigung basiert auf einem Vorschlag der Kommission vom Dezember 2020 und sieht vor, dass Batterien während ihres gesamten Lebenszyklus – von der Beschaffung der Materialien bis hin zu ihrer Sammlung, ihrem Recycling und ihrer Umnutzung – nachhaltig gemacht werden sollen. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, werden ab 2024 schrittweise Nachhaltigkeitsanforderungen in Bezug auf CO2-Fußabdruck, Rezyklatanteil sowie Leistung und Haltbarkeit eingeführt. Der erweiterte Rechtsrahmen sieht eine Ausweitung der Herstellerverantwortung vor, sodass ab Mitte 2025 insbesondere höhere Sammelziele eingeführt werden. Die gesammelten Batterien müssen recycelt und ein hoher Verwertungsgrad erreicht werden, insbesondere bei wertvollen Materialien. Unternehmen, die Batterien auf dem EU-Binnenmarkt in Verkehr bringen, müssen nachweisen, dass die für ihre Herstellung verwendeten Materialien verantwortungsvoll beschafft wurden. Davon umfasst sind soziale und ökologische Faktoren im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Verarbeitung und dem Handel der für die Batterieherstellung verwendeten Rohstoffe.

Um in Kraft zu treten, müssen die erzielten Einigungen noch von Parlament und Rat förmlich angenommen und im Amtsblatt veröffentlicht werden.

Sanktionen: EU-Sanktionen gegen Russland – aktueller Stand

Die EU verhängt weitere Sanktionen gegen Russland. Am 16. Dezember 2022 hat der Rat wegen des „anhaltenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und die schwere derzeitige Eskalation gegen die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur“ ein mittlerweile neuntes Maßnahmen-Paket gegen Russland beschlossen (Link).

Das neueste Sanktionspaket enthält zusätzliche Ausfuhrkontrollen, -verbote und -beschränkungen. Beispielsweise sind neue Ausfuhrbeschränkungen für sensible Güter mit doppeltem Verwendungszweck und Güter fortgeschrittener Technologien wie Tarnausrüstungen, zusätzliche chemische/biologische Substanzen und Reizstoffe erfasst. Die Liste von Einrichtungen, die mit dem militärisch-industriellen Komplex Russlands in Verbindung stehen, wurde um 168 Einträge erweitert. Die strengen Einschränkungen für Genehmigungen zur Ausfuhr der genannten Güter und Technologien gelten damit für insgesamt 410 gelistete Organisationen. Daneben wird das Ausfuhrverbot für die Luftfahrt und mit der Raumfahrtindustrie zusammenhängende Güter und Technologien auf Flugzeugtriebwerke und deren Teile ausgeweitet. Das Verbot gilt auch für unbemannte Luftfahrtzeuge, weshalb eine Direktausfuhr von Drohnenmotoren nach Russland, sowie Drittländer, die Drohnen nach Russland liefern könnten, verboten ist. Neue Ausfuhrverbote gelten auch für weitere industrielle Güter und Technologien, wie etwa komplexe Generatoren, Laptops und Rechnerkomponenten, Kameras und Linsen, gedruckte Schaltungen, Funknavigationssysteme und ‑steuergeräte sowie Drohnen für den Privatgebrauch.

Daneben wurden Sanktionen gegen drei weitere Banken und vier weitere russische Medienkanäle sowie gegen knapp 140 Personen und 50 Einrichtungen verhängt. Außerdem gilt ein Verbot für die Erbringung von Dienstleistungen für Werbung, Markt- und Meinungsforschung sowie für Produktprüfung und technische Überwachung für Russland. Neue EU-Investitionen in den russischen Bergbau sind grundsätzlich verboten. Schließlich ist es EU-Staatsbürger ab dem 16. Januar 2023 untersagt Posten in Leitungsgremien von in Russland niedergelassenen staatseigenen oder staatlich kontrollierten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen Russlands zu bekleiden. Die Behörden können unter bestimmten Umständen Ausnahmen gewähren, etwa wenn es sich bei dem betreffenden Unternehmen um ein Joint Venture eines EU-Unternehmens handelt oder wenn die Übernahme des Amtes für die Sicherstellung einer kritischen Energieversorgung erforderlich ist.

Deutschland: Schutz für hinweisgebende Personen: Bundesregierung beschließt Gesetzesentwurf

Die Bundesregierung hat am 16. Dezember 2022 dem Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen im beruflichen Umfeld („HinSchG“) in seiner durch den Rechtsausschuss im Oktober 2022 vorgeschlagenen Fassung zugestimmt. Mit diesem Entwurf soll gleichzeitig die Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden („Whistleblower-RL“), und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umgesetzt werden. Die Frist für die Umsetzung der Whistleblower-RL war bereits im Dezember 2021 abgelaufen, weswegen die Kommission im Januar 2022 ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hatte, das nach wie vor anhängig ist.

Ziel des HinSchG soll es künftig sein, hinweisgebende Personen im beruflichen Umfeld umfassend zu schützen. Organisationen und Unternehmen ab 50 Beschäftigten sowie Unternehmen bestimmter Branchen und Sektoren (unabhängig von der Beschäftigtenzahl) müssen hierfür sichere interne Hinweisgebersysteme installieren und betreiben. Hinweise hierüber müssen mündlich, schriftlich oder auf Wunsch persönlich abgegeben werden können; ab 2025 müssen auch anonyme Hinweise möglich sein. Daneben wird es externe Meldestellen geben. Bei Verhängung von Repressalien gegen hinweisgebende Personen sollen künftig Schadensersatzansprüche wegen materieller und immaterieller Schäden bestehen. Zudem ist eine Beweislastumkehr zugunsten hinweisgebender Personen zum Schutz vor Repressalien geplant. Schließlich sieht der neue Entwurf vor, dass der „Digital Markets Act“ der EU zum sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes gehören soll.

Nunmehr bedarf es noch der Zustimmung des Bundesrats; das Gesetz soll dann drei Monate nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Lediglich für Unternehmen, die nicht mehr als 249 Beschäftigte haben und die nicht aus anderen Gründen zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet sein werden, gilt eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023.

EU-Fusionskontrolle: Die Kommission beabsichtigt Illumina aufzutragen, die Übernahme von GRAIL rückabzuwickeln

Das Vollziehen von Übernahmen unter Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Durchführungsverbot stellt für die beteiligten Unternehmen ein großes Risiko dar. Im Falle einer nachträglichen Untersagung droht nämlich auch eine Rückabwicklung der Übernahme inklusive den damit einhergehenden Schwierigkeiten.

Dies wird durch ein aktuelles Verfahren (M.10939) unterstrichen: Obwohl die eingehende Prüfung der Kommission zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, hatten Illumina und GRAIL ihren Zusammenschluss im August 2021 vollzogen. Das Kommissionsverfahren war damals ohne Anmeldung der Beteiligten aufgrund mitgliedstaatlicher Verweisungsanträge eingeleitet worden, obwohl weder die Umsatzschwellen der EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO) erreicht waren noch die Voraussetzungen für eine Anmeldung im Antrag stellenden Mitgliedstaat vorgelegen hatten; indes hatte das EuG im Juli 2022 entschieden, dass die Kommission befugt war, das Vorhaben auf mitgliedstaatliche Verweisungsanträge gemäß Art. 22 der FKVO zu prüfen (wir berichteten: Link). Im September 2022 hatte die Kommission den Zusammenschluss dann untersagt (wir berichteten: Link).

Am 5. Dezember 2022 gab die Kommission nun bekannt, dass sie Illumina und GRAIL eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt hat, in der sie ankündigt, dass sie Maßnahmen zur Wiederherstellung des Zustandes vor der Übernahme zu ergreifen beabsichtigt, damit die nachträgliche Untersagung ihre volle Wirkung entfalten kann. Laut Kommission sollen neben Veräußerungs- auch Übergangsmaßnahmen ergriffen werden, die eine Trennung der Beteiligten bis zur Auflösung gewährleisten und die Rentabilität von GRAIL erhalten sollen. Die Kommission stellt klar, dass GRAIL mit der Auflösung der Transaktion wieder unabhängig von Illumina und genauso lebens- und wettbewerbsfähig werden müsse wie vor dem Zusammenschluss. Mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte setzt die Kommission die Beteiligten schriftlich und förmlich über ihre kartellrechtlichen Bedenken in Kenntnis. Die Beteiligten haben nun die Möglichkeit, Akten einzusehen und dann schriftlich und mündlich Stellung zu nehmen. Nach der Anhörung kann die Kommission die Maßnahmen für bindend erklären. Bei Nichtbefolgung kann die Kommission Zwangsgelder verhängen und nach Art 14 FKO mit Geldbußen i.H.v. bis zu 10 % ihres weltweiten Jahreskonzernumsatzes belegen.

Deutsche Fusionskontrolle und Kartellrecht: Warsteiner und Karlsberg dürfen laut BKartA kooperieren

Nach deutschem Recht gilt die sog. Doppelkontrolle. Danach sind bei Unternehmenskooperationen sowohl die kartellrechtlichen als auch die fusionskontrollrechtlichen Vorgaben beachtlich.

Die Gründung einer gemeinsamen Einkaufgesellschaft durch die Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG (Warsteiner) und die Karlsberg Holding GmbH (Karlsberg) hat das BKartA am 14. Dezember 2022 fusionskontrollrechtlich freigegeben (Link). Das BKartA stellt klar, dass für die Beurteilung die erreichten Marktpositionen der Beteiligten als Einkäufer und Anbieter der Produkte relevant sind. Für das Kartellverbot wiederum sind der Umfang des Einkaufs, die exklusiven Bindungen und die ausgetauschten Informationen zu berücksichtigen. Unwahrscheinlich sind wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen laut BKartA jedoch bei begrenzten Marktpositionen. Das Vorhaben habe, so das BKartA, sowohl hinsichtlich der Absatz- als auch der Beschaffungsseite einer eingehenden Prüfung standgehalten. Auch durchgreifende wettbewerbliche Bedenken konnten weder im Bereich Bier noch im Bereich nicht-alkoholischer Kaltgetränke gefunden werden. Dem BKartA zufolge liegen die aggregierten Marktanteile nicht in problematischen Bereichen und sind auf den in Frage kommenden Märkten größere Wettbewerber aktiv.

 

Staatliche Beihilfen: Green Deal - deutsche Beihilferegelung im Umfang von EUR 1,8 Mrd. für den Ausbau der Schnelladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge durch Kommission genehmigt

Die Europäische Kommission hat am 14. Dezember 2022 eine mit EUR 1,8 Mrd. ausgestattete deutsche Beihilferegelung zur Förderung des Ausbaus der Schnellladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge genehmigt (SA.104749, Link), welche zur Verwirklichung der Ziele des Green Deals beitragen soll. Der Green Deal ist das Konzept der EU, das den Weg zur Umsetzung einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft vorzeichnet und darauf abzielt, die gesamte EU-Wirtschaft bis 2050 auf CO2-Neutralität umzustellen – und dafür zunächst die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken (siehe hierzu unseren Insights-Beitrag zum „Fit for 55-Paket“). 

Mit der nun genehmigten Beihilferegelung soll der Aufbau des sog. „Deutschlandnetzes“, ein Schnellladenetz für Elektrofahrzeuge im urbanen, suburbanen und ländlichen Raum in Deutschland unterstützt werden. Vorgesehen ist die Errichtung von 85.000 Schnellladepunkten an rund 900 Standorten in Deutschland, an denen bislang keine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Die Beihilfen sollen durch direkte Zuschüsse und laufende Zahlungen zur teilweisen Deckung der Betriebskosten an Unternehmen gewährt werden, die durch Ausschreibungen ausgewählt werden und im Bereich der Ladeinfrastruktur tätig sind.

Die Prüfung erfolgte nach den EU-Beihilfevorschriften, insbesondere nach den seit Januar 2022 geltenden „Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen“ („KUEBLL“). Diese Leitlinien enthalten Erläuterungen der Kommission zu ihrer Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen, die der Anmeldepflicht nach Art. 107 Abs. 3 Buchstabe c AEUV unterliegen. Sie sollen die Mitgliedstaaten darin unterstützen, die energie- und klimapolitischen Ziele der EU ohne übermäßige Belastung der Steuerzahler und ohne Verzerrungen des Wettbewerbs innerhalb des EU-Binnenmarktes zu erreichen (siehe unteren Insights-Beitrag zu den KUEBLL).

Staatliche Beihilfen: Änderungen an deutscher Regelung zur Förderung der Offshore-Windenergieerzeugung (WindSeeG) undan deutscher Förderregelung für Erzeugung von erneuerbarem Strom durch Kommission genehmigt

Am 21. Dezember 2022 hat die Kommission Änderungen zweier deutscher Regelungen im Energiebereich unter Anwendung der EU-Beihilfenvorschriften (einschließlich der KUEBLL) genehmigt. Die Regelungen sollen zur Verwirklichung der energie- und umweltpolitischen Ziele Deutschlands und der im Green Deal verankerten strategischen Ziele der EU beitragen und sollen bis Ende 2026 gelten.

Das erste von der Kommission nun beendete Prüfverfahren (SA.104069) betraf Änderungen der Regelung zur Förderung der Offshore-Windenergieerzeugung in Deutschland („Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See“ – „WindSeeG“) mit einem Gesamtumfang von EUR 1,5 Mrd., die das Erneuerbare-Energien-Gesetz („EEG 2023“) ergänzt (Link). Ein neues Ausschreibungsverfahren für eine andere Art von Standorten in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) soll es Offshore-Windenergieerzeugern ermöglichen, Gebote für Flächen abzugeben, die von der Regierung nicht voruntersucht wurden. Daneben sind ein dynamisches Gebotsverfahren für Ausschreibungen von nicht voruntersuchten Standorten, bei dem Deutschland zwischen Geboten mit „Null-Gebotswert“ wählen kann, und eine Erhöhung der Ausbauziele für die installierte Kapazität von Offshore-Windenergieanlagen vorgesehen. Beihilfen sollen durch einen Aufschlag auf den Strommarktpreis gewährt werden, der auf den niedrigsten Geboten beruht, die aus einem ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahren hervorgehen.

Das zweite Verfahren (SA.102084, Link) hatte die Änderung der deutschen Förderregelung für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen zum Gegenstand („EEG-2023-Förderregelung“). Diese Regelung hat das Ziel, den Anteil von erneuerbarem Strom in Deutschland bis 2030 auf 80 % auszubauen. Die EEG-2023-Förderregelung ist hierfür mit Gesamtmitteln von EUR 28 Mrd. ausgestattet und ersetzt größtenteils die Förderung nach der sog. EEG-2021-Regelung. Hierfür wurde die EEG-2023-Förderregelung an erfolgte Änderungen des deutschen EEG 2023 angepasst. Beihilfeempfänger sollen durch wettbewerbliche, transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibungsverfahren ausgewählt werden. Die Einzelbeihilfen sollen grundsätzlich in Form von Marktprämien gewährt werden, die der Netzbetreiber dem Erzeuger zusätzlich zum Marktpreis für den Strom zahlt. Für sehr kleine Anlagen sollen Einspeisevergütungen gewährt werden.

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Das EU/COMP-Team von Chatham Partners ist seit vielen Jahren auf komplexe Fragestellungen und Verfahren aus den Bereichen des EU- und deutschen Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberechts spezialisiert und verfügt über ausgewiesene praktische Erfahrungen in verschiedenen Branchen.

Wir danken Sonja Maria Brücker für ihre wertvolle Unterstützung bei der Erstellung dieses Newsletters.

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