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EU-Wettbewerbspolitik und Green Deal

Am 10. September 2021 haben hochrangige Mitarbeiter der Europäischen Kommission einen Policy Brief veröffentlicht. Das Dokument gibt einen Überblick darüber, wie und in welcher Form die Wettbewerbspolitik der EU derzeit den Europäischen Green Deal  unterstützt, und zeigt künftige Entwicklungspotentiale auf. Bekanntlich steckt der Green Deal den EU-Fahrplan zur Umsetzung einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft ab, in der Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung voneinander entkoppelt werden, und zielt im Kern darauf ab, die gesamte EU-Wirtschaft bis 2050 auf CO2-Neutralität umzustellen – und dafür zunächst die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken (siehe hierzu unseren Insights-Beitrag zum „Fit for 55-Paket“). Das Kurzdossier thematisiert insoweit die Rolle der Wettbewerbspolitik, benennt Beispiele für konkrete politische Reformen in den Bereichen Beihilfekontrolle, Kartellverbot und Fusionskontrolle und unterstreicht die Auffassung der Kommission, dass eine „grüne Revolution“ notwendig ist, um dem Klimawandel wirksam zu begegnen.  

Ausgehend von dem derzeitigen Rechtsrahmen und den Ergebnissen zahlreicher Konsultationen betont die Kommission die Notwendigkeit, dass die Wettbewerbsvorschriften und die Nachhaltigkeitsstrategien optimal ineinandergreifen. Gerade durch die Anwendung des Wettbewerbsrechts könnten die Märkte offen, wettbewerbsfähig und innovativ gehalten und damit die Ziele des Green Deals auf allen Ebenen unterstützt werden. Gleichzeitig müsse man damit rechnen, dass die durch den Klimawandel ausgelösten transformativen Herausforderungen fortbestehen werden, so dass mit einer Weiterentwicklung der Wettbewerbspolitik zu rechnen sei.

Im Hinblick auf anstehende Überarbeitungen des aktuellen Rechtsrahmens verweist das Papier insbesondere auf die folgende Initiativen:

  • Im Bereich der Beihilfenkontrolle plant die Kommission, Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen zu verabschieden (englische Abkürzung: CEEAG), die umfassendere, flexiblere und zukunftssichere Beihilfemaßnahmen zur Unterstützung der Ziele des Europäischen Green Deal ermöglichen als die derzeitigen Leitlinien für Umwelt- und Energiebeihilfen. Sie sollen am 1. Januar 2022 in Kraft treten (weitere Infos hier).
  • Daneben überarbeitet die Kommission aktuell z.B. auch die Regelungen zu IPCEI (die englische Abkürzung steht für Import Projects of Common European Interest, weitere Infos hier).  
  • Auch die – jüngst bereits geänderte – Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) soll unter Berücksichtigung der Ziele des Green Deal weiter angepasst werden (weitere Infos hier).

Das in Art. 101 AEUV geregelte Kartellverbot und das in Art. 102 AEUV geregelte Marktmachtmissbrauchsverbot sollen auch künftig streng angewandt werden. Zugleich beabsichtigt die Kommission, weitere Leitlinien im Bereich der Horizontal- und Vertikalvereinbarungen für die Anwendung des Art. 101 AEUV zu erlassen, die sich auf Nachhaltigkeitsvereinbarungen beziehen, und zwar sowohl im Rahmen einer Überarbeitung der allgemeinen Leitlinien als auch in hierfür geeigneten Einzelfällen. Bereits jetzt bewertet die Kommission in ihrer Anwendungspraxis Nachhaltigkeitsvorteile als qualitative Effizienzgewinne. Auch erkennt die Kommission an, dass Vereinbarungen, die auf nachhaltige Vorteile abzielen, auch Kosteneinsparungen zu generieren vermögen, die an die Verbraucher weitergegeben werden können.

In Bezug auf die EU-Fusionskontrolle beabsichtigt die Kommission, wachsam zu bleiben, um grüne Innovationen zu schützen, indem z.B. langfristige Nachhaltigkeitsziele eines Unternehmens berücksichtigt werden. Auch sollen sog. „Killer“-Akquisitionen nach Möglichkeit verhindert werden, namentlich solche, die erfolgen, um ein innovatives und an Nachhaltigkeit ausgerichtetes – kleineres – Unternehmen dadurch aus dem Markt zu nehmen, dass es durch ein etabliertes, ggf. größeres Unternehmen übernommen wird.

Zusätzlich zu den o.g. Maßnahmen macht sich die Kommission auch Gedanken zu einer außenhandelsrechtlichen Flankierung ihres „Green Deals“. Außenhandelsrechtliche Instrumente (wie etwa der vorgeschlagene CBAM oder ggf. i.F.v. sog. „Klima-Zöllen“ auf Importe) müssten vor allem darauf gerichtet sein, Wettbewerbsnachteile der europäischen Industrie gegenüber der drittländischen, weniger umweltorientierten Konkurrenz zu minimieren.

Auch die nationalen Wettbewerbsbehörden haben gemeinsam mit den Regierungen das Zusammenspiel von Wettbewerbspolitik und Green Deal längst auf der Agenda. So hat sich der Arbeitskreis Kartellrecht beim Bundeskartellamt 2020 mit dem Thema „Kartellrecht und Nachhaltigkeit“ befasst, und die Bundesregierung hat im November 2020 im Rahmen der Konsultation der Europäischen Kommission zur Unterstützung des „Green Deal“ durch die Wettbewerbspolitik umfassend zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen im Kartellrecht Stellung genommen und dabei auch die Beiträge des Bundeskartellamtes einbezogen.

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