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(K)Eine Freiheit ohne Emissionen: Wie optimistisch darf Politik sein?

Der „Klimaschutzbeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts und seine Folgen

In 270 Randnummern versuchen die Richter:innen des Ersten Senats in ihrem am 29. April 2021 veröffentlichten „Klimaschutzbeschluss“ das Normative mit dem Faktischen unter einen Hut zu bekommen. Der Beschluss lässt erahnen, wie das Gericht in Zukunft rechtlich mit technischem Fortschritt umgehen will und stellt fest,

  • dass wir schon heute gegenwärtig betroffen sind, wenn Entscheidungen später nicht mehr korrigierbar sind,
  • dass für den Schutz der Gesundheit auch Anpassungsmaßnahmen ausreichend sein können – Gesundheit-, Lebens- und Eigentumsschutz in Deutschland allein verpflichten nicht zum Klimaschutz,
  • dass das Grundgesetz uns nur noch eine begrenzte Menge an CO2-Emissionen erlaubt und danach justiziabel Schluss ist (mit allen Konsequenzen für unsere Freiheitsrechte),
  • dass die Politik nicht lediglich darauf hoffen darf, dass uns die Technik noch retten wird, sondern der Gesetzgeber nur auf das heute bereits erkennbar Mögliche vertrauen darf und
  • dass sich der Gesetzgeber im Bereich des Klimaschutzes nach Art. 20a GG an seine auf internationaler Ebene geschlossenen Vereinbarungen festhalten lassen und diese verfassungsrechtlich konkretisieren muss.

Jede CO2-Emission heute heißt weniger Freiheit morgen. Auf dieser Logik basierend haben die Karlsruher Richter:innen ihre Argumentation aufgebaut. Sie schoben damit der Berufung auf die denkbaren (rettenden) Innovationen von morgen einen Riegel vor.

Entgegen des ersten Eindrucks liegt dieser Argumentation nicht das Bild einer emissionsärmeren Zukunft zu Grunde.

Die Logik des zwingenden Kausalzusammenhangs zwischen Freiheit und Emission ermöglicht überhaupt erst, in den zu niedrigen Jahresemissionsmengen heute eine Gefährdung der Freiheit von Morgen zu sehen: Wer stattdessen morgen kein CO2-Restbudget mehr braucht, weil Freiheit ohne Emissionen möglich ist, könnte heute noch großzügig mit Emissionen um sich werfen.

Der Beschluss ist ein Warnschuss und schlägt Pflöcke ein: Geht nicht davon aus, dass uns die Innovation retten wird! Geht davon aus, dass auch morgen Freiheit gleichbedeutend mit schädlichen Emissionen ist und unser CO2-Restbudget weiter auffrisst!

Es ist ein Drohszenario, das die Innovation fördern soll und gleichzeitig dieselbe (aus guten Gründen?) ignoriert. Die Zukunft wird zeigen, wo das Bundesverfassungsgericht der Politik den Verweis auf zukünftige Innovationen noch durchgehen lassen wird: Wie optimistisch darf Politik sein? Und wie gravierend müssen künftige Grundrechtseingriffe sein, um heute unzureichende Vorbeugung als verfassungswidrig anzusehen?

Diese Frage wird ab jetzt auch in Karlsruhe beantwortet und noch mehr als die 110 Seiten Beschlusspapier füllen.

Nachstehend finden Sie unsere Zusammenfassung als Download.

Co-Autor: Jonathan Schramm

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