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Mietrecht mit Ki(c)K – Vermieter und Mieter warten jetzt auf den BGH

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie und den ersten behördlichen Schließungsanordnungen diskutieren Vermieter und Mieter darüber, wer das Risiko für pandemiebedingte Gewinnausfälle der Betreiber von Läden, Hotels und Lokalen trägt. Die Fallkonstellation: Ein gewerblicher Mieter weigert sich unter Verweis auf die behördliche Nutzungseinschränkung, den (vollständigen) Mietzins zu zahlen. Der Vermieter erhebt daraufhin Klage. Nachdem sich bereits eine Vielzahl von Landgerichten an den Fällen abgearbeitet hat, klettern die Vermieter im Instanzenzug weiter nach oben. Erstmals haben nun auch zwei Oberlandesgerichte entschieden – und das ganz unterschiedlich.

Beklagte war in beiden Fällen der Textil-Discounter KiK, der sich unter Verweis auf behördliche Schließungsanordnungen weigerte, die Miete für April 2020 zu zahlen. Zur Begründung führte der Discounter den bekannten Dreiklang an: die behördliche Nutzungseinschränkung begründe einen Mietmangel, der eine Mietminderung zur Folge habe (§ 536 BGB), hilfsweise liege ein Fall der Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung vor (§ 326 BGB) und höchsthilfsweise sei der Mietzins nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage zu reduzieren (§ 313 BGB). 

Einig sind sich beide Gerichte darin, dass die behördliche Nutzungseinschränkung des Mietobjekts weder einen Mietmangel noch einen Fall der Unmöglichkeit begründet. Das allgemeine Verwendungsrisiko, also das Risiko, die Mietsache tatsächlich nutzen zu können, liege beim Mieter. Der Vermieter sei nur verpflichtet, die Mietsache während der Vertragslaufzeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.

Die Frage, inwiefern die behördliche Nutzungsuntersagung oder Nutzungseinschränkung eine Anpassung des Mietzinses auf Grundlage der Störung der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB rechtfertigt, beantworten die Gerichte hingegen unterschiedlich.

Das OLG Dresden (Urteil v. 24. Februar 2021, Az.: 5 U 1782/20 – noch nicht im Volltext abrufbar) gab der Mieterin recht und entschied, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten sei. Der Mietvertrag sei dahingehend anzupassen, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung pauschal um 50% reduziert sei. Die Begründung ist denkbar pragmatisch: Keine der Parteien habe eine Ursache für die Störung gesetzt oder sie vorhergesehen. Es sei daher angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf Vermieter und Mieter zu verteilen.

Das OLG Karlsruhe (Urteil v. 24. Februar 2021, Az.: 7 U 109/20) entschied am selben Tag zugunsten des auf Zahlung klagenden Vermieters. Zwar komme eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich in Betracht. Einer pauschalen Teilung des Pandemierisikos erteilte der Senat jedoch eine Absage. Die Feststellung, dass dem Mieter das Festhalten am unveränderten Vertrag i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB nicht zugemutet werden kann, setze eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls voraus. Dabei seien unter anderem der Umsatzrückgang der konkreten Filiale, eine mögliche Kompensation durch Online-Handel und öffentliche Leistungen sowie ersparte Aufwendungen (z.B. durch Kurzarbeit oder Vermögenswerte durch nicht verkaufte und noch verkaufbare Waren) zu berücksichtigen. Solche Umstände habe die Mieterin nicht in ausreichender Weise dargelegt. Das Gericht verurteilte sie deshalb zur Zahlung der vollständigen Miete.

Da beide Gerichte die Revision zum BGH zugelassen haben, liegt der Ball nun (weiterhin) in Karlsruhe. Die Bundesrichter stehen vor der Herausforderung, das Pandemierisiko fair zwischen Vermietern und Mietern zu verteilen und dabei einerseits ausreichend Raum für Einzelfallgerechtigkeit zu lassen, andererseits aber für die Vielzahl der zu erwartenden Verfahren handhabbare Kriterien zur Beurteilung der Unzumutbarkeit aufzustellen. Spannend wird in diesem Zusammenhang auch sein, ob der BGH sich zur Reichweite des zum 31. Dezember 2020 neu eingeführten Art. 240 § 7 EGBGB äußert. Zuletzt wurde gefordert, dass die Vermutung für die nachträgliche schwerwiegende Veränderung eines Umstands – das sog. reale Element des § 313 Abs. 1 BGB – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus für alle Voraussetzungen des § 313 BGB gelten müsse. Die Verantwortung des BGH könnte größer kaum sein. Seine Entscheidung wird Millionen von Gewerberaummietverhältnissen betreffen.

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