Menu
Close

Sektorenvergaben: Ausschluss von Lieferangeboten mit überwiegendem Drittlands-Leistungsanteil

Mit Beschluss vom 2. Juni 2020 (Az. 19 Verg 1/20) hat das Brandenburgische Oberlandesgericht in einem Vergabeverfahren zur Beschaffung von Niederflurstraßenbahnen den Ausschluss des Angebots eines in der VR China ansässigen Unternehmens auf Grundlage von § 55 SektVO bestätigt.

Ausgangspunkt des Verfahrens war ein von drei kommunalen Verkehrsbetrieben, der Stadtverkehrsgesellschaft mbH Frankfurt (Oder), der Cottbusverkehr GmbH und den Verkehrsbetrieben Brandenburg a.D. Havel GmbH, betriebenes Vergabeverfahren zur Beschaffung von 45 Straßenbahnfahrzeugen. Mit seinem finalen Angebot erklärte der in der VR China ansässige Bieter, dass der Anteil seiner zur Herstellung der Niederflurstraßenbahnen notwendigen Waren und Materialen aus Ländern, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, bei circa 70% liege und keine Vereinbarung über den gegenseitigen Marktzugang iSv § 55 Abs. 1 SektVO bestehe. Nachdem die Auftraggeber das Angebot des Bieters zunächst aus anderen Gründen ausschlossen, entschieden sie sich schließlich, das Angebot auf Grundlage von § 55 Abs. 1 SektVO auszuschließen. Diese Regelung ermöglicht es Sektorauftraggebern eines Lieferauftrags Angebote zurückweisen, bei denen der Warenanteil zu mehr als 50 Prozent des Gesamtwertes aus Ländern stammt, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind und mit denen auch keine sonstigen Vereinbarungen über gegenseitigen Marktzugang bestehen.

In Übereinstimmung mit der VK Brandenburg bestätigte das OLG Brandenburg das Vorgehen der Auftraggeber. Das Gericht wies insbesondere den Einwand des Bieters zurück, dass § 55 Abs. 1 SektVO sowie dessen unionsrechtliche Grundlage, Art. 85 Abs. 2 RL 2014/25/EU, gegen europäisches Primärrecht verstoßen und stellte ferner klar, dass § 55 Abs. 1 SektVO auch gegenüber Unternehmen mit Sitz in Drittländern anwendbar sei. Zum (noch) zulässigen Zeitpunkt der Angebotszurückweisung führte das OLG Brandenburg aus, dass eine solche nicht umgehend geschehen müsse und auch noch im Nachprüfungsverfahren möglich sei.

In Sektorvergabeverfahren, die Lieferungen betreffen, verfügen Auftraggeber damit über ein scharfes Instrument, um Angebote mit hohem Drittlandsanteil auszuschließen. Künftig dürften zudem für alle Vergabeverfahren die Ausschlüsse aufgrund mangelnder Eignung weiter an Bedeutung gewinnen – spätestens, wenn in diesem Jahr das Wettbewerbsregister planmäßig seinen Betrieb aufnimmt. Damit verfügen Auftraggeber dann über eine weitere Informationsquelle neben den bisherigen Eigenerklärungen der Bieter. Ende 2020 hat das Bundeskartellamt die Abteilung Wettbewerbsregister (W) bereits eingerichtet.

Diese Website verwendet ausschließlich technisch notwendige Cookies, diese werden für die grundlegenden Funktionen der Website benötigt. Nähere Informationen dazu und zu Ihren Rechten finden Sie hier.

Diese Website verwendet ausschließlich technisch notwendige Cookies, diese werden für die grundlegenden Funktionen der Website benötigt. Nähere Informationen dazu und zu Ihren Rechten finden Sie hier.

Ihre Einstellungen wurden gespeichert