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Staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen: Neue Leitlinien der Europäischen Kommission

Am 21. Dezember 2021 hat die Europäische Kommission (Kommission) die neuen Leitlinien für staatliche Klima- Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL), welche die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien aus 2014 ablösen, veröffentlicht und am 27. Januar 2022 förmlich angenommen (zur Pressemitteilung). Die Leitlinien ermöglichen den Mitgliedstaaten, Beihilfen und Beihilfeprogramme zu gestalten, mit denen sie auf günstigen und effizienten Wegen die Ziele des europäischen Green Deal erreichen können, ohne dass der Wettbewerb hierdurch erheblich verzerrt wird.

Die Kommission kann nach Artikel 107 Abs. 1 AEUV grundsätzlich verbotene staatliche Beihilfen, gem. Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären und somit genehmigen, wenn diese Beihilfen sowohl die Entwicklung eines Wirtschaftszweiges fördern, ohne die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu verändern. In den Leitlinien legt die Kommission die überarbeiteten Kriterien fest, die ihr bei der Beurteilung staatlicher Beihilfen in den Bereichen Klima, Umweltschutz und Energie – außerhalb des Anwendungsbereichs der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) – künftig als Grundlage dienen. Sind diese Kriterien erfüllt, wird die Kommission die Beihilfen als i.S.v. Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen. Staatliche Beihilfen, die in den Anwendungsbereich der AGVO fallen, können ohne vorige Anmeldung bei der Kommission von den Mitgliedstaaten durchgeführt werden. Für die Bereiche Klima-, Umweltschutz und Energie wird die AGVO derzeit ebenfalls überarbeitet.

Dass die Gewährung von Beihilfen in den Bereichen Klima-, Umweltschutz und Energie sowohl durch die AGVO als auch durch die neuen KUEBLL erleichtert werden, hat einen einfachen Grund: Um die Ziele des europäischen Green Deals schnellstmöglich verwirklichen zu können, wird neben privaten Investitionen auch die staatliche Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten benötigt.

Wie bereits der Entwurf vom 7. Juni 2021 enthält auch die endgültige Fassung der KUEBLL neue Abschnitte, die dem besseren Überblick dienen und auch neue Beihilfekategorien und Regelungen umfassen. So weitet die Kommission den Geltungsbereich der Leitlinien auf alle Technologien aus, die den Europäischen Green Deal unterstützen. Vorangestellt ist ein allgemeiner Teil, der bereichsübergreifende Vorgaben enthält (etwa, dass nur für Beihilfen, die ohne vorherige Ausschreibung gewährt werden, eine Bestimmung der Mehrkosten auf Basis einer kontrafaktischen Analyse erfolgen muss). Ausdrücklich halten die Leitlinien neuerdings fest, dass durch die Beihilfemaßnahme kein Verstoß gegen relevante Rechtsvorschriften und Strategien der EU im Bereich Umweltschutz und Energie erfolgen darf.

Die neuen Abschnitte der KUEBLL behandeln etwa staatliche Beihilfen für eine bessere Energieeffizienz von Gebäuden (4.2), für saubere Mobilität (4.3), für Ressourceneffizienz und die Kreislaufwirtschaft (4.4), Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung (4.5), für Biodiversität und die Sanierung von Umweltschäden (4.6) sowie Beihilfen für die Stilllegung von Kohle-, Torf- und Ölschieferkraftwerken (4.12). Der allgemeine Kriterienkatalog wird für die in den Abschnitten geregelten Bereiche spezifisch erweitert, etwa durch konkrete Vorgaben zu Zielen oder Erfolgen. Ins Gewicht fällt insbesondere auch die Kategorie der Beihilfen zur Reduktion oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen (4.1): Dieser Abschnitt erleichtert nicht nur die Prüfung von Maßnahmen verschiedener Wirtschaftszweige, es werden darüber hinaus auch neue Instrumente wie etwa CO2-Differenzverträge behandelt.

Überarbeitet hat die Kommission auch den Abschnitt zu Ermäßigungen bestimmter Stromverbrauchsabgaben für energieintensive Unternehmen (4.11). Durch Ermäßigungen von Abgaben, welche der Finanzierung von Dekarbonisierungs- oder sozialen Maßnahmen dienen, soll verhindert werden, dass bestimmte energieintensive Industrien Standorte in Drittstaaten verlagern, um den strengeren Umweltschutzvorschriften der EU zu entgehen. Die Regeln sollen daher einen Ausgleich schaffen zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft einerseits und den Zielen des Green Deals andererseits. Für bislang begünstigte Unternehmen, die die in diesem Abschnitt genannten Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen, können die Mitgliedstaaten einen Übergangsplan aufstellen. Auf Sektorenebene hat die Kommission darüber hinaus die beihilfefähigen Wirtschaftszweige deutlich reduziert, wenngleich nicht so stark wie im vorherigen Entwurf der KUEBLL. Nunmehr differenzieren die Leitlinien zwischen Sektoren, die einem (einfachen) Risiko, und solchen, die einem signifikanten Risiko unterliegen.

Um gewährleisten zu können, dass die Beihilfen so eingesetzt werden, dass sie Klima- und Umweltschutz verbessern, sind außerdem verschiedene Schutzvorkehrungen (wie die Beteiligung der Interessenträger an der Ausgestaltung großer Beihilfemaßnahmen) vorgesehen. Wie üblich dürfen die Beihilfen auch im Anwendungsbereich der KUEBLL nur zur Erreichung der genannten Ziele eingesetzt werden und müssen auf das hierfür erforderliche Maß beschränkt sein. Die Kommission gibt den Mitgliedstaaten schließlich auf, ihre bestehenden Beihilferegelungen ab dem Jahr 2024 an die neuen Vorgaben anpassen.

Maßnahmen, die den Anforderungen der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie Verordnung) entsprechen, können der Kommission zufolge aufgrund einer vereinfachten beihilferechtlichen Prüfung genehmigt werden. In diesem Kontext ist auch der ergänzende delegierte Rechtsakt zu sehen, den die Kommission am 2. Februar 2022 vorgelegt hat und mit dem sie festlegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen private Investitionen in Atomkraftwerke und Gaskraftwerke im Rahmen der Taxonomie Verordnung als nachhaltig anzusehen sind (zur Pressemitteilung).

Aber auch die Förderung von Maßnahmen, die durch die Taxonomie als nachhaltig eingestuft werden, kann beihilferechtlichen Einschränkungen unterliegen: Fördermittel für erneuerbare Energien müssen in der Regel ausgeschrieben werden. Außerdem gelten die KUEBLL zwar für alle Technologien, die den Europäischen Green Deal unterstützen – Kernenergie selbst ist jedoch vom Anwendungsbereich der KUEBLL ausdrücklich ausgenommen. Anderes kann gelten, wenn die Kernenergie nur mittelbar eingesetzt wird, beispielsweise wenn Wasserstoff mit Kernenergie durch Elektrolyse hergestellt wird. Eine Förderung von Erdgas lässt die KUEBLL hingegen unter bestimmten Voraussetzungen als Brücke auf dem Weg zu mehr erneuerbaren Energien zu. Erdgas-Projekte müssen aber, etwa durch das Aufzeigen eines klaren Weges zur Dekarbonisierung, einen Lock-in-Effekt für umweltschädliche Energie verhindern. Gleichzeitig können auch nicht der Taxonomie entsprechende Vorhaben unter bestimmten Voraussetzungen von den KUEBLL erfasst sein, soweit die positiven Auswirkungen überwiegen. Hiervon sind selbst die umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe nicht ausgenommen – eine positive beihilferechtliche Bewertung soll hier laut Kommission jedoch unwahrscheinlich sein.

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Das EU/COMP-Team von Chatham Partners ist seit vielen Jahren auf komplexe beihilferechtliche Fragestellungen und Verfahren spezialisiert und verfügt über ausgewiesene praktische Erfahrungen in den Anwendungsbereichen der KUEBLL. Sprechen Sie uns gern an, um zu erfahren, wie wir auch Ihr Unternehmen unterstützen können.

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